Wir sind eine Gruppe von Jugendlichen in einer Moschee in Frankreich. Der Imâm der Moschee hat uns aufgetragen, Zakâ Al-Fitr zu sammeln. Als wir die Spendenbox öffneten, ließ er uns die Spenden in drei Teile einteilen: ein Drittel für die Armen, ein Drittel für die Moschee und ein Drittel für die Familie von Verstorbenen. Dabei argumentierte er mit dem Qurân-Vers „Die Almosen sind nur für die Armen und ...“ (Sûra 9:60). Ist das erlaubt? Begehen wir eine Sünde, wenn wir ihn nicht davon abgehalten haben? Können Sie uns deutlich sagen, wie wir diesen Fehler wieder gutmachen können (falls es falsch war)?
Der Lobpreis gebührt Allâh und möge Allâh Seinen Gesandten sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!
Erstens ist hier zu wissen, dass die Zahlung von Sadaqa Al-Fitr umgerechnet in Geldwert unter den Gelehrten unterschiedlich gesehen wird. Abû Hanîfa und andere Gelehrte haben dies zwar erlaubt, doch die Mehrheit der Gelehrten hat es abgelehnt.
An-Nawawî (Allâh erbarme sich seiner) sagte: „Nach unserer Auffassung ist es nicht gültig, bei der (Sadaqa) Al-Fitr diese in Form ihres Wertes (durch Geld statt durch Naturalien; AdÜ) zu entrichten. Auch Mâlik, Ahmad und Ibn Al-Mundhir haben dies so gesagt. Abû Hanîfa sagte jedoch, dass es zulässig sei. Ibn al-Mundhir berichtete dies auch von Hasan Al-Basrî, Umar ibn Abdulazîz und Ath-Thaurî. Ishâq und Abû Thaur meinten, dass dies nur in einer Notlage erlaubt sei.“
Am sichersten und am nächsten zu der Beleglage ist die Aussage der Mehrheitsgelehrten. Wenn ihr euch nach der Meinung von Abû Hanîfa gerichtet habt, weil ihr jemandem folgt, der nach dieser Schule die Fatwâ erteilt, so haben wir die Hoffnung, dass dies für euch gültig ist – in-schâ Allâh. Wir haben bereits an anderer Stelle erklärt, dass in einer umstrittenen Angelegenheit (Idschtihâd) eine Fatwâ nach einer Meinung, die eigentlich als weniger zutreffend gilt, akzeptiert werden soll, falls die Angelegenheit bereits abgeschlossen ist und nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Dies haben große Gelehrte erlaubt. Entsprechend der Meinung, welche die Entrichtung der Zakâ/Sadaqa Al-Fitr in Form ihres (Geld-)Wertes erlaubt, ist es gültig, was ihr für die Bedürftigen bezahlt habt.
Was die erwähnte Familie (eines Verstorbenen; AdÜ) betrifft, so ist eine solche Zahlung nur gültig, wenn dies Familie auch wirklich arm ist. Falls nicht, so darf (Zakâ) an sie nicht entrichtet werden. Wenn sie tatsächlich ein Anrecht darauf haben, so ist nichts gegen eine Annahme dieser Spende einzuwenden. Dies ist die Auffassung der Mehrheitsgelehrten.
An-Nawawî schreibt: „Die bekannte Auffassung in unserer Schule ist, dass die Fitra-Abgabe (Sadaqa Al-Fitr) an die Empfängergruppen entrichtet wird, die auch allgemeine Zakâ auf Vermögen erhalten dürfen. Nach Mâlik, Abû Hanîfa, Ahmad und Ibn al-Mundhir ist es erlaubt, nur einer einzigen Person zu zahlen. Sie meinten, dass die Zahlung der Fitra-Abgabe von einer ganzen Gruppe an einen einzigen Bedürftigen erlaubt sei.“
Was das letzte Drittel betrifft, das ihr für die Moschee eingeteilt habt, so ist dies bei einer Sadaqa Al-Fitr, zu deren Aufteilung ihr beauftragt wurdet, nicht zulässig. Denn die Empfänger der Zakâ Al-Fitr sind entweder nur die Bedürftigen (nach Mâlik; Schaich Al-Islâm Ibn Taimiyya hat sich dieser Auffassung angeschlossen) oder es gelten die bekannten Empfängergruppen der Zakâ auf Vermögen (wie es die Mehrheit der Gelehrten vertrat). Moscheen gehören aber nicht zu den (im Qurân) genannten Empfängergruppen der Zakâ. Der Begriff „auf dem Wege Allâhs“ (fî Sabîl Allâh; Sûra 9:60) bezieht sich nach der Allgemeinheit der Gelehrten speziell auf den Dschihâd.
In der Fiqh-Enzyklopädie heißt es hierzu: „Die Fiqh-Gelehrten sind der Ansicht, dass Zakâ nicht allgemein für jede Form von Wohltätigkeit entrichtet werden darf, sondern nur für die bereits erwähnten. Man darf (solche Spenden) weder für den Bau von Straßen einsetzen, noch zur Errichtung von Moscheen, Brücken, Kanälen oder Bewässerungsanlagen. Die genannten Empfängergruppen dürfen nicht ohne weiteres ausgeweitet werden. Es ist nicht angemessen, hierbei eine abweichende Meinung einer bestimmten Person zu beachten. Die Aussage von Ar-Ramlî zeigt offensichtlich, dass es hierzu einen Konsens gibt. Dafür wurden zwei Argumente vorgebracht:
1) In einem solchen Fall würde es nicht zu einer tatsächlichen Übergabe von Vermögen (Tamlîk) kommen, denn Moscheen haben keinen Besitz. Das gilt nach den Gelehrten, die einen solchen Tamlîk bei der Zakâ als Bedingung vorschreiben.
2) Der Qurân-Vers enthält eine spezifische und einschränkende Aufzählung (Hasr). Doch Moscheen und dergleichen werden nicht unter den acht Gruppen genannt. Im bereits genannten Hadîth heißt es, dass Allâh die Zakâ für acht Gruppen bestimmt hat. Und es ist kein Widerspruch zu dem bekannt, was Anas und Ibn Sîrîn berichtet haben.“
Daraus folgt: Wenn es möglich ist, das Geld zurückzugeben und an die vorgesehenen Empfänger zu entrichten, so ist dies notwendig. Falls nicht, so bleibt das Geld, das ihr für die Moschee eingeteilt habt, eure Schuld. Es ist das Recht der Armen und Bedürftigen, und es muss ihnen zukommen. Daher müsst ihr von eurem Vermögen den entsprechenden Betrag sammeln und dies dann den Empfängern zukommen lassen, die Allâh der Erhabene (laut dem Qurân-Vers; AdÜ) dafür vorgesehen hat. Denjenigen, die die Zakâ gezahlt haben, müsst ihr jedoch davon nichts berichten. Denn ihre Absicht beim Entrichten der Zakâ bleibt für sie gültig, so wie es beschrieben wurde. Eine Stellvertretung (Wakâla) bei der (Sammlung und Zahlung) der Zakâ macht (diese Absicht) nach der vorzuziehenden Meinung nicht ungültig, auch wenn der Treuhänder nicht korrekt handelt. Der Treuhänder haftet für seine Übertretung und er verliert dadurch seine Vertrauenswürdigkeit.
Al-Muwaffaq schreibt in „Al-Mughnî“: „Stellvertretendes Handeln wird im Falle einer Übertretung nicht ungültig in dem, wozu der Auftrag erteilt wurde, so wie man ein (anvertrautes) Kleidungsstück anzieht oder ein (anvertrautes) Reittier besteigt (und verwendet, obwohl man es nicht tun sollte; AdÜ). Dies ist eine der beiden Ansichten der Gefährten von As-Schâfiî. Die zweite Ansicht lautet: Stellvertretendes Handeln wird ungültig, da es ein vertragliches Vertrauensverhältnis beinhaltet und gebrochen wird wie bei hinterlegten Gütern. Wir gehen davon aus, dass wenn jemand Geld mit Erlaubnis eines Auftraggebers ausgegeben hat, dann ist es gültig, als ob er keine Übertretung begangen hat. Hinterlegtes Geld unterscheidet sich in der Hinsicht, dass es nur Anvertrautes ist und somit im Widerspruch zu Übertretungen und Treulosigkeit steht. Stellvertretung ist eine Handlungsvollmacht und basiert auf Vertrauen. Wenn das Vertrauen durch Übertretungen gebrochen wird, bleibt nur noch die Handlungsvollmacht (und ist somit belanglos; AdÜ).“
Die Gelehrten der „Ständigen Kommission“ haben bezüglich jemandem, der ohne Berechtigung etwas von den Zakâ-Geldern für sich entnimmt, folgende Fatwâ erteilt: „Es ist dir nicht erlaubt, etwas von den Geldern zu nehmen, die dir zur Verteilung unter den Zakâ-Berechtigten anvertraut wurden. Du musst den Wert dieses Vermögens, das du genommen hast, zurückerstatten, oder du zahlst es an Zakâ-berechtigte Personen. Gleichzeitig musst du Reue zeigen und für dein Verhalten (Allâh) um Verzeihung bitten.“
Und Allâh weiß es am besten!
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