Der Schlüssel zu deinem Rang bei Allah ist Aufrichtigkeit
Es gibt einen beängstigenden Hadîth über einen Gelehrten, einen Märtyrer und einen wohltätigen Mann am Tag des Gerichts. Auf Grund ihrer guten Taten waren sie voller Hoffnung, das Paradies zu betreten. Stattdessen werden sie ins Höllenfeuer geschickt, weil ihre Taten mit der Absicht verrichtet wurden, das Wohlwollen der Menschen zu gewinnen. Sie wollten, dass die Leute sehen, wie sie Gutes tun, da sie das Lob der Menschen begehrten.
Was ist Aufrichtigkeit?
Aufrichtigkeit bedeutet, innerlich und äußerlich alles zu tun, um einzig das Wohlgefallen Allâhs zu erlangen. Es bedeutet, die Augen der Menschen zu vergessen und nicht daran zu denken, ob sie die eigenen Taten sehen oder nicht - mit dem einzigen Gedanken im Kopf, dass Allâh einen beobachtet. Es gibt über dieses Thema schöne Verse im Qurân, in denen Allâh die Frommen im Paradies beschreibt.
„Sie erfüllen das Gelübde und fürchten einen Tag, dessen Übel sich wie im Flug ausbreitet, und sie geben - obwohl man sie liebt - Speise einem Armen, einer Waisen und einem Gefangenen: »Wir speisen euch nur um Allâhs Angesicht willen. Wir wollen von euch weder Belohnung noch Dank!«“ (Sûra 76:7-9).
Imâm Al-Ghazâlî sagte, dass man, wenn man wissen will, ob eine Tat rein für das Wohlgefallen Allâhs verrichtet wurde oder nicht, seine Reaktion prüfen solle, wenn jemand undankbar agiert. Empfindest du Selbstgerechtigkeit, als hättest du der Person einen Gefallen getan? Empfindest du Ärger, weil sie deine Arbeit nicht gewürdigt hat? Es muss nicht heißen, dass deine Tat prahlerisch war, doch es weist darauf hin, dass sie nicht einzig für Allâh war. Wir erwarten zumindest Anerkennung und Respekt von der Person, auf Grund der Wohltat, die wir ihr gegenüber vollbracht haben.
Wir kennen alle die Geschichte der Prostituierten, die dafür, dass sie einem Hund Wasser gab, mit dem Paradies belohnt wurde – doch was brachte sie wirklich ins Paradies? War es lediglich diese einfache Tat? Womöglich nicht, denn wie bereits erwähnt, gibt es Gelehrte, Märtyrer und wohltätige Menschen, die in die Hölle geworfen werden, weil sie nicht aufrichtig waren. Sie jedoch half dem Hund einzig für Allâh. Sieh, wie die Absicht die Taten erhöht! Aus diesem Grunde haben die Gelehrten gesagt, dass die Aufrichtigkeit die wichtigste Anbetungshandlung des Herzens ist. Die treibende Kraft für die eigenen Taten ist das Wohlgefallen Allâhs.
Diese Tatsache ist eng verbunden mit Ihsân, und zwar dass man Allâh derart anbetend dient, als würde man Ihn sehen. Da wir Ihn jedoch nicht sehen können, so sieht Er doch uns.
Khurram Murad sagte, dass „Zweck und Absicht wie die Seele eines Körpers oder das innere Leistungsvermögen eines Samens sind. Viele Samen sehen gleich aus, doch wenn sie zu keimen beginnen und Früchte tragen, werden ihre Unterschiede offenkundig. Je reiner und höher das Ziel, desto großartiger der Wert und Ertrag deiner Anstrengungen.“
Aufrichtigkeit ist das Fundament jeder Tat, die wir verrichten – wenn das Fundament schlecht ist, dann kann das Gebäude einstürzen.
Gilt dies nur für bestimmte Anbetungshandlungen oder auch für normale Angewohnheiten?
Allâh der Hocherhabene sagt im Qurân: „Sag: Gewiss, mein Gebet und mein (Schlacht)opfer, mein Leben und mein Sterben gehören Allâh, dem Herrn der gesamten Schöpfung.“ (Sûra 6:162).
Dieser Vers erklärt uns, dass alles um Allâhs willen getan werden kann. Darüber hinaus erinnert Khurram Murad an etwas Entscheidendes. Er sagt: „Die Menschen haben die Angewohnheit, die Taten im Leben in weltliche und religiöse zu unterteilen. Man muss jedoch bedenken, dass lediglich die Dinge, die um Allâhs willen getan werden, „religiöse“ Dinge sind! Alles, was jemand anderem außer Allâh zuliebe getan wird – so „religiös“ es auch erscheint – ist eine weltliche Tat. Wenn man Tausende von Pfund verdient, um seine Familie zu unterstützen und sie für die Sache Allâhs auszugeben und dabei einzig Allâhs Wohlgefallen ersehnt, dann ist dies eine höchst religiöse Tat.“
Selbst der Schlaf kann für Allâh sein. Wenn man sagt, dass man zu einer bestimmten Zeit schlafen wird, damit man zum Morgengebet aufwachen kann, dann ist dieser Schlaf für Allâh. Stell dir vor, du wirst für 6-8 Stunden Schlaf belohnt!
Die Wichtigkeit der Aufrichtigkeit
Allâh der Hocherhabene sagt im Qurân: „Und nichts anderes wurde ihnen befohlen, als nur Allâh zu dienen und (dabei) Ihm gegenüber aufrichtig in der Religion (zu sein), als Anhänger des rechten Glaubens, …“ (Sûra 98:5).
Wenn wir die Geschichte Josephs betrachten, dann war es Aufrichtigkeit, die ihn rettete. Allâh beschreibt ihn in Sûra Yûsuf:
„Es verlangte sie nach ihm, und es hätte ihn nach ihr verlangt, wenn er nicht den Beweis seines Herrn gesehen hätte. Dies (geschah), damit Wir das Böse und das Schändliche von ihm abwendeten. Er gehört ja zu Unseren aufrichtigen und gereinigten Dienern.“ (Sûra 12:24).
Gepriesen sei Allâh! Und zudem kann der Satan alle Menschen erreichen, außer diejenigen, die aufrichtig sind. Allâh sagt uns im Qurân:
„Er sagte: »Mein Herr, darum, dass Du mich in Verirrung hast fallen lassen, werde ich ihnen ganz gewiss auf der Erde (das Böse) ausschmücken und sie ganz gewiss allesamt in Verirrung fallen lassen, außer Deinen Dienern, den aufrichtigen unter ihnen.«“ (Sûra 15:39-40).
Dies sollte uns an eine Aussage des Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) über Umar erinnern: Der Satan würde den Weg meiden, auf dem Umar sich befindet, weil er Angst vor ihm hat. Stell dir vor, einen derartigen Rang zu besitzen!
Je vollkommener die Aufrichtigkeit, desto rechtschaffener der Mensch. Wir neigen dazu, Fehler zu machen und manchmal entdecken wir, dass unsere Absichten gemischt sind. Gelegentlich ist hinter einer Tat, die wir verrichten, keine offenkundige Absicht. Aus diesem Grund müssen wir es anstreben, zu den Aufrichtigen zu gehören! So lange wir ständig daran denken, Taten für Allâh zu verrichten, wird Er uns – so Er will – sogar hierfür belohnen.
Wir sollten nicht verzweifeln und paranoid werden. Von Amr ibn Al-Âs wird berichtet, dass der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Eine Person meiner Gemeinschaft wird am Tag des Gerichts in Gegenwart aller anderen Geschöpfe einbestellt werden. Neunundneunzig Aufzeichnungen [ihrer Taten] werden offengelegt und jede ausgebreitet, so weit das Auge blicken kann. Dann wird sie gefragt werden: »Leugnest du irgendeine dieser Taten?« Sie wird antworten: »Nein, mein Herr!« Sie wird gefragt werden: »Hast du irgendeine Entschuldigung oder irgendeine gute Tat?« Die Person wird sagen: »Nein!« Ihr wird gesagt werden: »Doch, du hast einige gute Taten. Kein Unrecht soll dir widerfahren!« Dann wird ihr eine Karte gezeigt werden. Auf ihr wird geschrieben stehen: »Es gibt nichts Verehrungswürdiges außer Allâh. Muhammad ist der Gesandte Allâhs.« Die Person wird fragen: »O Allâh, was sind das für Karten und Aufzeichnungen?« Es wird zu ihr gesagt werden: »Kein Unrecht soll dir widerfahren!« Die [neunundneunzig] Aufzeichnungen werden dann in eine Waagschale gelegt und die Karte in die andere. Die Karte wird die Aufzeichnungen dann aufwiegen.“ (At-Tirmidhî).
Dies geschieht auf Grund seiner Aufrichtigkeit mit „Lâ ilâha illa-llâh“ – Es gibt nichts Verehrungswürdiges außer Allâh.
Die tiefere Bedeutung der Aufrichtigkeit
Aufrichtigkeit ist etwas, was Allâh in die Herzen von anbetend Dienenden legt, die sie ersuchen. Scheich Umar Abdulkâfi sagte, dass es drei tiefere Ebenen der Aufrichtigkeit gibt:
Der anbetend Dienende, der Aufrichtigkeit besitzt, beachtet dies nicht, da ihn dies hochmütig machen würde. Wenn wir beispielsweise in einem kleinen Zimmer beten, in dem uns niemand sehen kann und auf Grund dessen empfinden, dass wir besser als andere sind, da wir „offensichtlich“ Aufrichtigkeit besitzen, fallen wir in die Falle des Hochmuts. Letztendlich kommt Erfolg einzig von Allâh. Aufrichtigkeit ist zwischen dem anbetend Dienenden und seinem Herrn. Der Satan kann dich nicht erreichen, wenn du Aufrichtigkeit besitzt!
Beispiele aufrichtiger Leute
Die Mutter Marias ist ein schönes Beispiel. „Als Imrâns Frau sagte: »Mein Herr, ich gelobe Dir, was in meinem Mutterleib ist, für Deinen Dienst freigestellt. So nimm (es) von mir an! Du bist ja der Allhörende und Allwissende.«" (Sûra 3:35). Sie hatte ein schönes vertrauliches Gespräch mit Allâh. Sie erzählte Ihm, dass das Kind in ihrem Mutterleib einzig für Ihn sei. Sie erzog es auf dem Weg Allâhs, damit das Kind ein anbetend Dienender Allâhs wird. Aus keinem anderen Grund, außer zu Seinem Wohlgefallen. Und auf Grund dieser aufrichtigen Unterhaltung belohnte Allâh sie mit einer der besten Frauen: Maria, die das Versprechen ihrer Mutter mit Allâhs Gnade erfüllte.
Ein weiteres Beispiel ist Châlid ibn al-Walîd . Er wurde von Umar von seinem Posten als Befehlshaber der Armee abgelöst. Stell dir vor, du wärest der Leiter einer Jugendgruppe, der Kapitän einer Sportmannschaft oder ein Manager in einem Unternehmen! Plötzlich gibt es einen Führungswechsel – du wirst von deinem Posten entfernt und zu einem normalen Teammitglied oder Angestellten degradiert. Wie würdest du reagieren? Wie würde dies deine Arbeit beeinträchtigen? Anstatt beleidigt zu sein oder das Kämpfen zu verweigern, kämpfte Châlid sogar noch tatkräftiger. Als er nach dem Grund gefragt wurde, sagte er: „Ich kämpfe für Allâh und nicht für Umar!“ Er wollte sicherstellen, dass er nicht hart arbeitete, weil ihm eine bestimmte Position zugeteilt worden war – vielmehr würde er, wo immer er war, um Allâhs willen hart arbeiten.
Möge Allâh uns dazu verhelfen, Aufrichtigkeit zu erlangen!